Ein Dutzendmal in den letzten drei Jahren hat der australische Künstler Konstantin Dimopoulos auf drei Kontinenten seine Blue Trees-Installationen realisiert. Für das Projekt stellen Partnerorganisationen oder Städte Baumbestände zur Verfügung, deren Stämme der Künstler mit einem ultramarinblauen Farbmittel versieht. Verwirklicht wurde das Werk erstmals in Canada für die Vancouver Biennale 2011.
Das Konzept sieht Wiederholung und Dichte innerhalb der Gesamtwirkung vor. Üblicherweise wählt Dimopoulos 20 bis 30 Bäume aus, er hat aber auch schon eine Vielzahl von Pflanzbäumen künstlerisch transformiert. Diesen Ansatz realisierte der Künstler 2013 in Houston und für das City of London Festival im Park an der St. Pauls Cathedral. Dimopoulos’ Ideal sind ausgewachsene Baumbestände, wo die Pflanzung in relativ kurzer Entfernung voneinander mit sich wiederholenden Abständen steht. Der Künstler entwickelte das verwendete Farbmittel speziell für die Blue Trees. Es ist keine Farbe im herkömmlichen Sinn, sondern ein umweltfreundliches Pigment, das mit Wasser vermischt wird. Der Regen oder ein mittelstarker Wasserstrahl wäscht es wieder ab.
Auch in Deutschland haben sich Künstler mit Farbauftrag auf Baumstämmen beschäftigt. Bereits 1993 gestaltete der Künstler Stefan Pietryga die tiefblaue Pappel-Westwind, die als dauerhaftes, langsam zerfallendes Kunstwerk konzipiert war. Der Kunstverein Gelsenkirchen hatte das Projekt „Kunst am Baum“ für den Gelsenkirchener Kunstsommer initiiert. Auch Pietryga verwirklichte sein Konzept in anderen Städten, zum Beispiel im Skulpturenpark am Schloss Wolfsburg. Josefine Günschel realisierte ihre Kunst am Baum in der Wisbyer Street in Berlin Pankow 2007/08. Die Berliner Künstlerin ließ sich für innenhaut – aussenhaut / inner skin – outer skin von Tapetenmustern verschiedener Jahrzehnte inspirieren, die durch weiße Stammschutzfarbe auf die Rinden von acht Stadtlinden als kontrastreiche Grafiken entlang der Stämme verwirklicht wurden.
Dimopoulos schafft für beschränkte Zeit eine poetische Wahrnehmung, die die Betrachter bezaubert und den Blick für Veränderungen in der Umwelt schärft. Blue Trees soll Denkanstöße zur Verletzlichkeit der Erde und der Gefährdung unserer Wälder durch den Menschen und durch Umwelteinflüsse bieten. Dazu schreibt Dimopoulos: „Die Blue Trees ziehen ein in unser gewohntes urbanes Umfeld und tauchen es für begrenzte Zeit in ein ungewöhnliches, surreales Licht. So schärfen sie unseren Blick für Veränderungen in der Umwelt. Als Menschen lieben wir die Gewohnheit. Wenn sich unsere Umgebung verändert, empfinden wir dies oft als Belastung oder Bedrohung. Und doch verändert und zerstört der Mensch die Umwelt jeden Tag. Jährlich verschwinden weltweit große Waldflächen ohne Aussicht auf Wiederaufforstung.“
Das Konzept der Blue Trees ist verankert im Gesamtzusammenhang der Frage, ob Kunst die Welt retten kann. Wohl kaum, aber durch die Kunst können Fragen aufgegriffen und ein weltweiter Diskurs hergestellt werden. Mit Kunst können soziale Themen aufgearbeitet und das Umweltbewusstsein gefördert werden. Letztlich ist es Aufgabe aller Menschen, besonders aber der Sachverständigen und der Politiker, erfolgreiche Strategien zur Sicherung unseres Lebensraums zu entwickeln.
Die aktive Einbindung der teilnehmenden Gemeinden ist angestrebt. Auch freiwillige Helfer können zum Einsatz kommen, u.a. in Houston, Texas, wo die Installation 2013 von der Arts Alliance in Auftrag gegeben wurde. Bei diesem bisher größten Projekt wurden 600 Bäume mit Pigment versehen. Jonathon Glus, der Arts Alliance Vorstand merkte an: "Die Blue Trees Installation in Houston, Texas war außerordentlich erfolgreich. Das Werk hat viele neue Möglichkeiten und Energien in unserer Stadt freigesetzt – viel mehr als wir uns bei dem kleinen Budget erhofft hatten. Über zwei Hundert ehrenamtliche Helfer inklusive unseres Bürgermeisters verwandelten lebende Bäume in blaue Riesen. Dabei änderten sie deren Wahrnehmung von einer alltäglichen Selbstverständlichkeit zu einer würdigenden Anerkennung."
Ähnlich Christo stellt Dimopoulos mit den Blue Trees den Standort und den örtlichen Bezug zur Bevölkerung immer in den Mittelpunkt. Künstler und Raum werden so zum gegenseitigen Bezugspunkt und kulturellen Großereignis. Christo, der mit seinen Verhüllungsaktionen in Städten und Landschaften zeitlebens rund um den Erdball die Öffentlichkeit in Bewegung setzte, realisierte 1969 an der Südküste Australiens zusammen mit 130 Helfern sein erstes von zahlreichen Verhüllungsprojekten. Für sein Werk – insbesondere die Verhüllung des Berliner Reichstags 1995 – erhielt der Künstler 2014 den deutschen Theodor Heuss Preis.
Die Blue Trees als auch andere temporäre Kunstinstallationen bieten ein attraktives Angebot für eine zeitlich beschränkte, kulturelle Gestaltung des Außenraums. Die Betrachter können so einen Ort anders erfahren und neu erleben. Damit tragen die Träger und Künstler zur Bereicherung unseres Lebensraums und einer erhöhten Lebensqualität bei.